Vom Reha-Sport zur Weltspitze
Maya Lindholm verabschiedet sich nach 14 Jahren aus der Nationalmannschaft
Vom Reha-Sport zur Weltspitze
Maya Lindholm verabschiedet sich nach 14 Jahren aus der Nationalmannschaft
Nach über 14 Jahren in der Nationalmannschaft beendet Maya Lindholm ihre internationale Karriere. Die Paralympics-Gewinnerin von 2012 blickt auf unvergessliche Momente zurück, spricht über die Herausforderungen des Leistungssports und ihre Pläne für die Zukunft.
2004 verändert ein Schicksalsschlag das Leben der jungen Maya Lindholm. Wegen einer Rückenmarksentzündung landet die damals 13-Jährige im Rollstuhl. In der Reha soll sie lernen in ihrem neuen Leben klarzukommen und ihren Rollstuhl richtig zu manövrieren.
Teil des Reha-Sports ist auch Rollstuhlbasketball. „Ehrlich gesagt war ich nicht besonders angetan“, erinnert sich Lindholm, „ich habe vorher überhaupt keinen Sport gemacht.“ Doch sie lässt sich überzeugen und fängt mit dem Sport an. Rollstuhlbasketball wird für Lindholm vom Fitnesstraining zur Leidenschaft. Die Vielseitigkeit und Dynamik der Sportart überzeugen sie.
Mit ihrer guten Spielübersicht und ihrem Timing zeigt Lindholm neben Leidenschaft auch viel Talent für die Sportart. 2009, nur 5 Jahre nachdem sie das erste Mal im Rollstuhl saß, spielt Lindholm das erste Mal für die deutsche Nationalmannschaft. In Großbritannien besiegen die deutschen Damen damals im Finale die Niederlande und werden Europameisterinnen.
Für Lindholm sollten in den folgenden 14 Jahren weitere Titel folgen. Mit der Nationalmannschaft wird sie in der Zeit Europameisterin, Vize-Europameisterin, Vize-Weltmeisterin und gewinnt zwei Medaillen bei den Paralympischen Spielen.
Das große Highlight: Bei ihren ersten Paralympics in London 2012 gewinnt Lindholm mit der deutschen Nationalmannschaft die Goldmedaille. Bereits in der Vorrunde gewinnen die Deutschen damals gegen die USA, besiegen im Halbfinale die Niederlande und krönen sich schließlich gegen Australien zum Paralympics-Sieger.
Ein weiterer Höhepunkt in der internationalen Karriere der Maya Lindholm folgt 2018. „Za-Donk!“ heißt es damals im Sommer bei der Rollstuhlbasketball-Weltmeisterschaft in Hamburg. „Das war für mich als Hamburgerin natürlich schon sehr cool“, so Lindholm. Angepeitscht vom heimischen Publikum gewinnt die Mannschaft um die TEAM HAMBURG Athletinnen Maya Lindholm, Mareike Miller und Anne Patzwald im Spiel um Platz Drei gegen China und sichert sich die Bronze-Medaille.
Wichtiger ist für Lindholm aber die Stimmung, die damals in ihrer Heimatstadt entsteht: „Dass so viele Hamburgerinnen und Hamburger da Interesse hatten, begeistert waren und in die Halle gekommen sind, um sich den Sport anzugucken, war super schön zu sehen.“
Der Sport hat Lindholm aber nicht nur schöne Erinnerungen geschenkt. Er hat sie auch selbstbewusster und stressresistenter gemacht. Er hat sie zu einer besseren Teamplayerin gemacht, eine Eigenschaft die ihr vor allem in ihrem Job als Ergotherapeutin im BG-Klinikum hilft. Und er hat ihr beigebracht, mit Rückschlägen umzugehen: „Beim Sport lernt man, immer wieder aufzustehen und weiterzumachen. Und das ist natürlich auch im Leben mal so, dass mal was nicht läuft. Und umso schneller man sich da berappelt und weitermacht, umso besser geht es dann auch.“
Trotzdem bringt die Sportart natürlich auch einige Belastung mit sich. Sie fordert viel – körperlich, mental und zeitlich. „Da war es bei mir schon so, vor Paris, dass ich gemerkt habe, ich komme an meine Grenzen, das Pensum zu schaffen. Tendenziell wird einem eher mehr abverlangt und wenn ich ehrlich mit mir bin, dann kann ich das eigentlich nicht mehr schaffen, was da gefordert wird.“, sagt Lindholm. In den 14 Jahren, die sie in der Nationalmannschaft gespielt hat, hat sich der Rollstuhlbasketball zunehmend professionalisiert.
Auch die Belastung für den Körper sei enorm, so die Spielerin von den BG Baskets, „Ich bin bisher so gut verletzungsfrei durchgekommen. Und ich habe immer gesagt, ich möchte auch nicht so lange spielen, bis irgendwann mal irgendwas passiert. Als Rollstuhlfahrerin, die in ihrem Alltag auch die ganze Zeit mit dem Rollstuhl rumfährt, hat man eh schon eine erhöhte Belastung, dazu kommt diese Sportbelastung. Ich will halt auch irgendwie noch im Alter einigermaßen fit sein.“
So hat Lindholm bereits vor den Paralympischen Spielen entschieden, dass sie nach Paris aus der Nationalmannschaft zurücktreten würde. Vielleicht auch deshalb hat sie die Spiele in Paris als schönen und besonderen Abschluss wahrgenommen: „Diese Begeisterung in der Halle zu sehen war durchweg einfach schön und auch wenn es sportlich nicht meine besten Paralympics waren, hat mich das trotzdem emotional nochmal besonders berührt.“
Die zusätzliche freie Zeit möchte Lindholm jetzt für sich selbst nutzen: „Ich brauche auch einfach mal zwei Wochen Urlaub am Stück, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben, dass ich nicht trainiere. Ich möchte auch nochmal ein paar Länder bereisen, in denen ich vielleicht sogar schon für Turniere gewesen bin, wo ich aber einfach nicht viel vom Land gesehen habe. Aber auch einfach Zeit haben für Dinge, wo man sonst nicht so viel Zeit hat. Ich würde gerne nochmal ein Instrument lernen und Zeit mit meinen Freunden und meiner Familie verbringen.“
Vom Leistungssport verabschiedet sich Lindholm aber noch nicht ganz. Sie wird definitiv erst einmal weiter für die BG Baskets in der Bundesliga spielen. „Ich glaube, dass ich auch dem Sport in Hamburg immer verbunden sein werde“, sagt Lindholm.
Der Nationalmannschaft wünscht sie, dass der Trend, nachdem man bei den Paralympics zuletzt zwei Mal im Viertelfinale gescheitert ist, wieder bergauf geht. „Ich wünsche mir, dass man da einen Weg findet, den Anschluss an die Weltspitze wieder zu finden.“