Auf den Wellen des Erfolges – Theresa Steinlein setzt die Segel für Paris

Auf den Wellen des Erfolges – Theresa Steinlein setzt die Segel für Paris

Die TEAM HAMBURG Athletin Theresa Steinlein hat sich überraschend für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert. Die Surferin ist erst vor wenigen Jahren vom Segeln zum Windsurfern gewechselt und ist in der olympischen iQ-FOiL-Klasse in kürzester Zeit an die Weltspitze gesurft.

Als wir Theresa Steinlein für unser Interview erreichen, befindet sich die 21-Jährige gerade in Italien, im Haus ihrer Familie am Gardasee. Die italienische Sonne blinzelt im Hintergrund durch die zugezogenen Gardinen, die Verbindung ist schlecht, das Bild friert regelmäßig ein, doch was die junge Athletin zu berichten hat, fesselt uns trotzdem.

Vor vier Jahren saß Steinlein noch im Segelboot, es folgte der Wechsel auf das Surfbrett. Erst vor einem Jahr wagte sie den Sprung von der U23 in die Damen-Klasse. Nun hat sich die TEAM HAMBURG Athletin als beste deutsche Windsurferin für die Olympischen Spiele in Paris qualifiziert. Eine Errungenschaft, die sie selbst noch nicht so ganz verarbeiten konnte: „Es ist einfach noch so viel los gewesen die letzten Wochen, dass ich noch gar nicht richtig relaxed und das richtig realisiert habe. Ich glaube es auch erst, wenn ich es schwarz auf weiß sehe und offiziell nominiert bin, vielleicht freue ich mich dann erst richtig.“

Die Qualifikationsphase für die Olympischen Spiele hat für die Windsurferinnen und Windsurfer erst Anfang des Jahres begonnen, ein großes Glück für Steinlein, die sich im September letzten Jahres die Hand gebrochen hatte und erst im November wieder beim ersten Wettkampf auf dem Surfbrett stehen konnte. „Ich habe ins Unwissende reintrainiert, weil ich lang nicht dabei war“, so Steinlein, die aber nicht nur negatives an ihrer Verletzung findet: „Ich glaube das hat mich auch nochmal motiviert. Ich kann mittlerweile gut mit dem Druck umgehen und lasse mich von so etwas nicht einschüchtern.“

Der Jahresauftakt war für die Windsurferinnen und -surfer der olympischen iQ-FOiL-Klasse die Weltmeisterschaft auf Lanzarote. Ein Revier, das für viel Wind und Flachwasser bekannt ist. Bedingungen, die große und schwere Athletinnen bevorteilen, für die leichte Steinlein eher ein Nachteil. „Obwohl es eigentlich ein super toller Ort ist, ist das Revier für mein Gewicht nicht optimal“, so Steinlein. Die Weltmeisterschaft beendet sie auf dem 18. Platz und zeigte mit sieben Top-10 Platzierungen, dass auch bei, für sie schwierigen Bedingungen, mit ihr zu Rechnen ist. „Da habe ich gemerkt, dass ich meine Schwäche gerade so ein bisschen zu einer Stärke gemacht habe“, erinnert sie sich.

„An dieser vermeintlichen Schwäche, ihrem Gewicht, arbeitet die Wirtschaftsstudentin seit ihrem Umstieg auf das Surfbrett. Zuvor verfolgte sie, wie ihre Zwillingsschwester Sophie, eine Karriere im Segeln. Angefangen hatten die Schwestern mit fünf Jahren im Optimist, es folgte die 420er Jolle. 2020 stieg Steinlein auf das Surfbrett um, damals war der iQ-FOiL gerade als neue olympische Klasse eingeführt worden.

„Ich musste mich da erst mal anpassen von meinem Körperbau her. Ich habe von null angefangen, allein schon vom Muskelaufbau, ich war früher nie im Gym oder sowas.“ Seitdem hat Steinlein zwölf Kilogramm zugenommen, vor allem an Muskelmasse hat sie zugelegt: „Ich will nicht einfach nur, blöd gesagt, mir Fett anfressen, obwohl ich nichts damit anfangen kann. Deswegen versuche ich es mit Muskeln. Alles, was ich aufbaue, mache ich mit einem Hintergedanken. Also jede Übung, die ich mache, mache ich nicht einfach nur, um an Muskelmasse zuzunehmen, sondern weil ich die für irgendwas brauche.“


Die iQ-FOiL-Klasse, bei der ein Hydrofoil unter dem Board befestigt wird mit dem sich das Board mit Gleitgeschwindigkeit vollständig aus dem Wasser heben kann, feiert bei den Olympischen Spielen in Paris Premiere. Zuvor waren seit den Spielen in Peking 2008 Windsurf-Wettkämpfe in der RS:X-Klasse ausgetragen worden. Zuletzt jedoch zwei Zyklen in Folge ohne die Beteiligung einer deutschen Surferin. Für Steinlein etwas ganz Besonderes: „Es ist super besonders für mich, Deutschland wieder an den Start zu bringen.“

Bei den Wettkämpfen vor Marseille, ein Revier das für leichte Winde bekannt ist, hält Steinlein alles für möglich. Das Starterinnen-Feld ist klein, gerade einmal 24 Windsurferinnen werden im Mittelmeer ihre Segel setzen. Durch die kleine Anzahl an Konkurrentinnen wird ein großer Teil des Feldes, fast 50% der Athletinnen, in das Medal Race einziehen und um die Medaillen kämpfen. Bei Welt- und Europameisterschaften in der iQ-FOiL-Klasse treten teils mehr als 100 Surferinnen an, die Konkurrenz ist also deutlich größer. „Ich glaube, das macht es auch für alle super interessant“, freut sich Steinlein.

Die TEAM HAMBURG Athletin rechnet sich bei den olympischen Wettkämpfen gute Chancen aus und das nicht nur, weil sie aktuell in einer tollen Form ist, zuletzt ist Steinlein bei der Trofeo Princesa Sofia auf Mallorca Sechste geworden. Die Bedingungen vor Marseille spielen ihr in die Karten, die leichten Winde erfordern ein hohes Maß an Fitness und Taktik. „Ich weiß vom Segeln viel über Winddrehungen, Strömung, Welle und sowas. Das verstehe ich, glaube ich, ein bisschen mehr als die Anderen, weil ich mich da früher jahrelang mit befasst habe.“

„Auch bei der körperlichen Fitness ist Steinlein ihren Konkurrentinnen meist etwas voraus, schließlich muss sie mit Muskelkraft die zehn Kilo wettmachen, die ihr zu den meisten anderen Windsurferinnen fehlen. „Sonst würde ich das Ding gar nicht halten können“, so die Athletin vom Norddeutschen Regatta Verein.


Zu der körperlichen Fitness und dem seglerischen Können kommt bei Steinlein auch eine Prise Perfektionismus und Liebe zum Detail: „Ich habe viel am Material gearbeitet und dabei wirklich auf alle Details geachtet. Bei mir muss halt alles perfekt sein vom Material, damit ich den gleichen Speed erreiche.“ Dabei ist es für Steinlein von Vorteil, dass sie direkt mit der olympischen iQ-FOiL-Klasse ins Windsurfen gestartet ist, so hatten ihr die Konkurrentinnen beim neuen Material nichts voraus.

Bis das Material für die olympischen Spiele stehen muss dauert es noch einige Monate. Die Wettkämpfe in der Marseille Marina starten am 28. Juli. Bis dahin will sich Steinlein am Gardasee vorbereiten, rund sieben Autostunden von Marseille entfernt. Dort kann sie trainieren und sich in der Nähe ihrer Familie entspannen. Nur Reisen will die Hamburgerin bis zu ihrer Reise zu den Olympischen Spielen nicht mehr: „Ich bin so viel gereist in den letzten Monaten, das kostet viel Kraft.“

Vor Ort will sich Steinlein dann erstmal an das heiße südfranzösische Klima gewöhnen: „Mir graut es jetzt schon davor, wie heiß es in Marseille werden wird.“ Hoffentlich konnte sie sich bis dahin auch über ihre außergewöhnliche Leistung freuen, schließlich wird sie die erste deutsche Windsurferin bei den Olympischen Spielen seit über zehn Jahren sein.